Wir haben im Frühjahr ein Elektrofahrzeug gekauft und nutzen dies seit der Auslieferung im Juni 2019 in unserer Familie intensiv.
In mehreren Blogposts erzähle ich über unsere Erfahrungen und die Praxis. Diese Blogposts sollen ein Erfahrungsbericht sein über 6 Monate Alltag mit dem Elektroauto. Zu langweilig für reißerische Zeitungsartikel aber vielleicht interessant für jemanden der sich überlegt in wiefern sich das auf sein Alltag abbilden ließe.
Hier geht es um die Wirtschaftlichkeit.
In unserem Fall war ein Fahrzeugwechsel sowieso nötig, da unser vorheriger Zweitwagen, ein Citroen C1, nur ein Viersitzer ist und man daher mit 3 Kindern nicht mehr gut zu Recht kommt. Auch im Zusammenspiel mit meinen Eltern nebenan hat ab und an ein Fahrzeug gefehlt um allen Terminen gerecht zu werden. Es war bis zuletzt unklar ob wir überhaupt einen Schulbus in Anspruch nehmen können und das tägliche Mitnehmen der Kinder ging mit dem C1 nicht mehr weil immer wieder ein Freund der Kinder mitfahren wollte und man dann nicht mehr genug Sitze hat. Es war schlichtweg eine anspruchsvolle Logistik, wer nimmt welches Auto damit er wann wen mitnehmen kann, was wir ändern wollten. Der C1 konnte so in der Familie bleiben, was natürlich auch ein Vorteil ist. Schließlich wäre beim Fremdverkauf ein 10 Jahre altes Auto dieser Größenordnung nicht viel Wert.
Wir haben also entschieden, ein Fünfsitzer-Fahrzeug muss her. Elektrofahrzeug war ein interessantes Thema, Anfang 2019 war man beim Elektroauto ja auch kein early adopter mehr. Dachten wir zumindest. Zum Kaufvorgang schreibe ich extra noch was.
Es wurde dann eine Renault ZOE Z.E.40 zum Brutto-Preis von minimal über 30.000 € (round about, je nachdem wie man Überführung, Garantieverlängerungen und alles einkalkuliert). Inklusive gekaufter Batterie, das ist bei Renault ja immer entscheidend zu erwähnen. Das Fahrzeug ist an Features voll ausgestattet, abgesehen von BOSE-Sound und Design-Leder-Gedöns. Aber ansonsten mit allem was Renault so anzubieten hatte. Die technischen Finessen nutzen wir auch wirklich im Alltag, das war also für uns die richtige Entscheidung.
Dazu wurde eine (mobile) Wallbox, ein go-e-Charger, angeschafft zum Preis von ca. 800 €. Starkstrom in der Garage haben wir beim Bau schon vorgesehen.
Die Anschaffungskosten betragen meiner Recherche nach etwa 10.000 € mehr als ein vergleichbarer Benziner gekostet hätte. Ein Gebrauchtkauf ist für uns nicht in Frage gekommen weil der technische Fortschritt in den letzten Jahren stark war und weil wir unbedingt eine Kaufbatterie wollten und das gibt es auf dem Gebrauchtmarkt nicht.
Hier geht es nun darum, das Fahrzeug mit dem Vorgängerfahrzeug bzw. allgemein mit einem Benziner zu vergleichen.
Das Auto ist jetzt in 6 Monaten 7.500 km gefahren. Wir haben überwiegend zu Hause geladen, insgesamt 1207 kWh Strom laut Wallbox. Dazu bei Auswärts-Ladungen gemäß Abrechnung 60 kWh an öffentlichen Ladesäulen und geschätzt zudem vielleicht 200 kWh unbezahlt bei Kaufhäusern, darüber habe ich natürlich keine Abrechnung. Vermutlich etwas weniger. Macht einen Gesamtstromverbrauch von aufgerundet 1500 kWh. Das würde einem Verbrauch von 20 kWh/100km entsprechen, das deckt sich nicht mit dem Bordcomputer (17 kWh/100km) aber schieben wir den Unterschied einfach auf den Ladeverlust. Ich rechne im Folgenden er Einfachheit halber mit 20 kWh pro 100km Primärenergie, glaube aber dass der reale Verbrauch geringer ist.
Für den Vergleich mit dem Benziner drängen sich nun zwei Rechenmethoden auf:
Über die Energie: Wir verbrauchen also 20 kWh auf 100 km. Benzin hat einen Energiegehalt von 8,7 kWh/l [1]. Energetisch betrachtet würden wir also ein Fahrzeug fahren, das auf 100 km etwa 2,3 l Benzin verbraucht. Was Benzinfahrzeuge mehr verbrauchen geht in die Wärmeverluste.
Andere Rechenweise über die Kosten: Uns kostet eine Fahrt was den primären Energieträger angeht etwa 5,80 € pro 100 km. Bei einem Strompreis von 0,29 € pro kWh. Das ist das was wir momentan real für den EnBW-Ökostrom an den öffentlichen Ladesäulen zahlen. Zu Hause mit der Photovoltaik ist es natürlich nochmal deutlich günstiger aber das klammere ich jetzt mal aus. Wenn wir für 5,80 € Benzin kaufen müssten, gibt es natürlich eine starke Schwankung aber eine Momentaufnahme der aktuellen Benzinpreise sagt mir irgendwas von 1,37 € pro Liter und damit würde man 4,2 Liter Benzin für das gleiche Geld bekommen. Um damit 100 km weit zu kommen, braucht es ein sehr kleines modernes Benzinerfahrzeug. Und der Preis für Benzin wird stärker steigen als der für Strom, da bin ich sicher.
Die Erkenntnis aus diesen Rechnungen ist also, dass wir mit dem Fahrzeug einen Energieverbrauch haben entsprechend einem Benziner, der 2,3 l auf 100 km verbraucht und es entstehen Kosten vergleichbar mit einem Benziner dessen Verbrauch bei etwa 4,2 Liter pro 100 km liegt. Beide Zahlen erreicht ein Benziner in der Praxis nicht. Selbst mit unserem Vorgänger-Auto (Viersitzer, Dreizylinder) kamen wir auf 5,3 l/100km und damit über das doppelte an Primärenergie.
Zum Abschluss möchte ich noch die Einsparung durch die Fotovoltaik überschlagen. Ich habe dazu keine geeigneten Zählerwerte aber ich tippe darauf, dass ich im Sommer weit über 3/4 der Energie direkt von der PV verbrauchen konnte. Im Winter ist das natürlich nicht so aber im Gesamtschnitt würde ich auf knapp die Hälfte schätzen. Gemäß dem Zähler der Wallbox wären das also etwa 500 kWh um einfach rechnen zu können. Diese direkt verbrauchte Energie wäre andernfalls verkauft worden für 11 Cent/kWh. Das bedeutet, ich kann diesen Preis als Kosten für den Ladestrom ansetzen, als entgangener Umsatz bei der Stromeinspeisung. So kommt der durchschnittliche Strompreis auf 0,215 € pro kWh für den zu Hause geladenen Strom. Die Kosten auf 100 km verringern sich dadurch auf 4,30 €, was einem Benzineinkauf von 3,1 Litern entspricht. Das ist das was wir real für unsere Mobilität bezahlen.
Das Auto hat bisher noch keine reguläre Wartung bekommen aber Elektrofahrzeuge haben wesentlich weniger Verschleißteile und es stehen keine teuren Routine-Arbeiten an (Ölwechsel, Zahnriemen oder was noch alles gibt es ja nicht) und damit fallen die Wartungskosten deutlich geringer aus. Somit sind auch die anderen Bestandteile der laufenden Haltungskosten geringer.
Unsere Kalkulation ist folglich, dass wir das zu Beginn mehr investierte Geld langfristig über die Haltungskosten wieder einsparen.
[1]: http://kirste.userpage.fu-berlin.de/chemistry/general/kfz-energetisch.html